[ Pobierz całość w formacie PDF ]
dem Rücken an der grüngetünchten Wand lehnte. Er saß
mit gespreizten Beinen unter dem Schwarzen Brett, das
voller Notizen der >Mathematical Society of America
die keiner jemals las, Peanuts Comic-Strips (der Gipfel des
Humors nach Meinung der verstorbenen Mrs. Under-
wood), einem Poster von Bertrand Russell und einem
Zitat: »Schwerkraft allein beweist die Existenz von Gott.«
Ich ging neben Ted in die Hocke und zog ihm das
Papierknäuel aus dem Mund. Ted begann zu sabbern.
»Ted.«
Er schaute über meine Schulter hinweg ins Leere.
»Ted«, sagte ich und tätschelte seine Wange.
Er zuckte zurück und verdrehte wild die Augen.
»Du wirst dich erholen«, sagte ich. »Du wirst verges-
sen, daß dieser Tag je passierte.«
Ted stieß wimmernde Laute aus.
»Oder vielleicht wirst du es auch nicht vergessen. Viel-
213
leicht wirst du von hier aus weitermachen, Ted. Hierauf
aufbauen. Ist das ein so unmöglicher Gedanke?«
Es war einer, für beide von uns. Und ich wurde jetzt in
Teds Nähe sehr nervös.
Im Lautsprecher knackte es. Philbrick. Er keuchte und
schnaufte wieder.
»Decker?«
»Hier.«
»Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus.«
Ich seufzte. »Du kommst runter und holst mich, alter
Junge. Ich bin verdammt müde. So eine Psychokiste laugt
einen höllisch aus.«
»Also gut«, sagte er mit harter Stimme. »In einer Minu-
te wird Gas hineingeschossen.«
»Besser nicht«, sagte ich. Ich blickte auf Ted. Ted sah
mich nicht an; er starrte weiterhin ins Leere. Was immer er
dort sah, muß mächtig appetitlich gewesen sein, denn er
sabberte immer noch, und Speichel lief ihm übers Kinn.
»Ihr habt vergessen, die Nasen zu zählen. Einer von ihnen
ist immer noch hier unten. Er ist verletzt.« Das war eine
ziemliche Untertreibung.
Philbricks Stimme klang sofort mißtrauisch. »Wer?«
»Ted Jones.«
»Wie schwer ist er verletzt?«
»Er hat sich den Zeh gestoßen.«
»Er ist nicht dort. Sie lügen.«
»Ich würde dich niemals anlügen und unsere wunder-
volle Beziehung gefährden, alter Junge.«
Keine Antwort. Puff, keuch, schnauf.
»Komm runter«, lud ich ihn ein. »Die Waffe ist entla-
den. Sie liegt in der Pultschublade. Wir können ein paar
Partien Karten spielen, und dann kannst du mich hinaus-
bringen und den Reportern erzählen, wie du es mit links
214
geschafft hast. Vielleicht ziert dein Bild sogar die Titelseite
von Time, wenn wir es richtig anstellen.«
Knack. Er hatte die Lautsprecheranlage ausgeschaltet.
Ich schloß die Augen und barg das Gesicht in den
Händen. Ich sah alles grau. Nichts als grau. Nicht mal
einen Schimmer weißes Licht. Ohne ersichtlichen Grund
dachte ich an die Silvesternacht, wenn sich alle Leute auf
dem Times Square drängen und schreien wie Schakale,
wenn der Feuerwerksball zerplatzt und zu 365 neuen
Tagen in der besten aller möglichen Welten wird. Ich habe
mich immer gefragt, wie es sein würde, in einer dieser
Menschenmengen eingepfercht zu sein, zu schreien und
nicht die eigene Stimme zu hören, wenn vorübergehend
die Individualität ausgelöscht ist und ersetzt wird durch
die angespannte Erwartung der Menge, Hüfte an Hüfte
und Schulter an Schulter mit keinem im besonderen.
Ich begann zu weinen. Als Philbrick das Klassenzim-
mer betrat, warf er einen Blick auf das sabbernde Ted-
Ding und schaute dann zu mir auf. »Was im Namen
Gottes hast du...?« begann er. Ich tat, als wollte ich etwas
hinter Mrs. Underwoods Büchern auf dem Pult hervorzie-
hen. »Hier hast du's, du Scheißbulle!« schrie ich.
Er schoß dreimal auf mich.
32
IM NAMEN DES VOLKES ERGEHT
FOLGENDES URTEIL
CHARLES EVERETT DECKER wird am heutigen Tage,
dem 27. August 1976, vom Superior Court des vorsätzli-
chen Mordes an Jean Alice Underwood und ebenfalls am
215
heutigen Tag, dem 27. August 1976, des vorsätzlichen
Mords an John Downes Vance für schuldig befunden.
Aufgrund der Gutachten fünf staatlicher Psychiater ist das
Gericht zu dem Urteil gelangt, daß Charles Everett Decker
zu diesem Zeitpunkt wegen Unzurechnungsfähigkeit
nicht für seine Taten verantwortlich gemacht werden
kann. Deshalb entscheidet das Gericht, daß er in das
Augusta State Hospital eingewiesen wird, wo er so lange
unter Behandlung bleibt, bis er für geistig zurechnungsfä-
hig erklärt werden und für seine Taten zur Verantwortung
gezogen werden kann.
(Unterzeichnet)
(Richter) Samuel K. N. Deleavney
Mit anderen Worten, bis Scheiße am Mond klebt, Baby.
33
Vertrauliche Mitteilung
Von: Dr. Anderson
An: Rich Gossage
Betreff: Theodore Jones
Rich,
ich wende immer noch ungern die Schockbehandlun-
gen bei diesem Jungen an - obwohl ich es mir selbst nicht
erklären kann, nennen Sie es eine Ahnung. Natürlich
kann ich vor der Prüfungskommission oder Ted Jones'
Onkel, der die Kosten trägt, die in einem privaten Institut
wie Woodlands nicht billig sind, keine Ahnungen recht-
fertigen, wie wir beide wissen. Wenn es in den nächsten
vier bis sechs Wochen keine Veränderung gibt, werden
wir mit der normalen Elektroschock-Therapie weiterma-
216
chen, doch im Augenblick würde ich gern wieder die
übliche medikamentöse Behandlung anwenden, ergänzt
durch einige Mittel, die nicht so sehr zum Standard zählen
- ich denke sowohl an synthetisches Meskalin als auch an
Psyilocybin, wenn Sie meiner Meinung sind. Will Green-
berger hatte, wie Sie wissen, großen Erfolg in der Behand-
lung von Semi-Katatonie-Patienten, und diese beiden
Halluzinogene haben eine bedeutende Rolle in seiner
Therapie gespielt.
Jones ist ein sonderbarer Fall - verdammt, wenn wir nur
mit Gewißheit sagen könnten, was sich in diesem Klas-
senzimmer abspielte, nachdem Decker die Rollos herun-
terließ!
Die Diagnose ist unverändert. Katatonie im fortgeschritte-
nen Stadium mit einigen Anzeichen auf weitere Ver-
schlechterung.
Ihnen gegenüber gestehe ich ein, Rich, daß ich in dem Fall
dieses Jungen nicht mehr so hoffnungsvoll bin, wie ich es
zu Anfang war.
3. November 1976
34
5. Dezember 1976
Lieber Charlie,
man sagte mir, Du kannst jetzt Post bekommen, und da
dachte ich mir, schreib dem Charlie ein paar Zeilen.
Vielleicht hast Du bemerkt, daß dieser Brief in Boston
abgestempelt wurde - Dein alter Freund macht endlich
sein Studium an der B. U. (das ist nicht nur die Abkür-
zung für Boston University, sondern steht auch für Butt-
217
shit Unlimited). Es ist alles ziemlich beschissen, abgesehen [ Pobierz całość w formacie PDF ]